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Unabhängig davon, ob man der Analyse von J Leaman zustimmt oder nicht, bekommt eine dermaßen überhebliche Überschrift der deutschen Presse nicht, selbst oder gerade wenn es die SZ ist. Das ist genau der Ton, den Brexitverteidiger von deutscher Seite erwarten. Besserwisserei ist aber eine Charaktereigenschaft, die den Deutschen von Außen schon seit Jahrzehnten zugeschrieben wird, und mir ist schwer begreiflich, warum solche Überschriften dieses (Vor?)Urteil bewusst bedienen.

 

Ruth Whittle

 

 

Dr Ruth Whittle

Senior Lecturer

National Teaching Fellow

LCAHM Senior Tutor

Erasmus Coordinator German

Dept of Modern Languages

University of Birmingham

Ashley Building, R 209

Birmingham B15 2TT

 

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From: JISCmail German Studies List [mailto:[log in to unmask]] On Behalf Of J Leaman
Sent: 19 June 2017 11:03
To: [log in to unmask]
Subject: Re: SZ vom 19.06.2017: Seite 3 - Zur Symbolkraft des Grenfell Tower

 

It's certainly an unfortunate headline but the arson metaphor (used frequently in recent months) is certainly appropriate to the devastation being wreaked on Britain and Europe by a clueless and arrogant Conservative Party. It certainly does not match the tastelessness of the British gutter press which sought immediately to divert attention from the criminal neglect of safety by a conservative local authority and central government with headlines like "Were Green targets to blame for fire tragedy" (Daily Mail). Don't forget that David Cameron declared his new year resolution in 2012 to "kill off the health and safety culture for good". These are not nice people.


From: JISCmail German Studies List <[log in to unmask]> on behalf of DAVIES Peter <[log in to unmask]>
Sent: 19 June 2017 10:00:50
To: [log in to unmask]
Subject: Re: SZ vom 19.06.2017: Seite 3 - Zur Symbolkraft des Grenfell Tower

 

Well that’s probably the most tasteless headline of the week. And the fact that it’s a show-off English quotation makes it worse. Would they have written a headline like that in German, or would the emotional consequences have been clearer?

 

Peter

 

 

On 18 Jun 2017, at 19:30, Henrike Laehnemann <[log in to unmask]> wrote:

 

19.06.2017   

Burning Down the House

Großbritannien hat mit dem ausgebrannten Grenfell Tower nun ein Denkmal von großer symbolischer Kraft – und eine Premierministerin auf Abruf. Über ein Land, in dem auf verstörende Weise nichts mehr richtig zu laufen scheint Von Christian Zaschke

Am Wochenende und damit mindestens zwei Tage zu spät hat Theresa May nun doch ausführlich mit Überlebenden des fürchterlichen Brandes am Grenfell Tower im Westen Londons gesprochen. Sie tat das im typischen May-Stil: Ausgewählte Bewohner des Turms durften zu ihr in die Downing Street kommen, gesprochen wurde hinter verschlossenen Türen. Hauptsache, alles ist unter Kontrolle. Hauptsache, sie muss nicht von gewohnten Mustern abweichen. Hauptsache, es gibt ein Protokoll. All das, obwohl nach jüngstem Stand mindestens 58 Menschen bei dem Brand ums Leben kamen.

Ihr Vorgehen zeigt, dass die britische Premierministerin aus ihrem desaströsen Wahlkampf keine Konsequenzen gezogen hat. In den Wochen vor der Wahl war sie zwar durchs Land getourt und hatte zu Menschen gesprochen, doch fast immer handelte es sich um sorgsam ausgewählte Aktivisten. Jubelvolk. Als sie sich doch einmal während weniger Minuten in Schottland am Straßenwahlkampf versuchte und an ein paar Türen klopfte, machte niemand auf. Es war ihr deutlich anzusehen, wie unwohl sie sich fühlte, und sie war erkennbar froh, als sie sich wieder in die Sicherheit ihres Dienst-Jaguars begeben hatte, der eilig davonbrauste.

Wenn sie sprach, dann sprach sie in Slogans. Auf Fragen antwortete sie mit Formeln. Es wurde klar, dass Großbritannien von einem Sprechautomaten regiert wird, und bald fand sich ein Name für diese Maschine: Maybot. Statt, wie sie gehofft hatte, einen Erdrutschsieg einzufahren, verspielte May in der Parlamentswahl die absolute Mehrheit. Indem sie sich ihren Kollegen gegenüber äußerst demütig zeigte, vermied sie es, sofort aus dem Amt gejagt zu werden. Zunächst sah es dann so aus, als werde die Partei sie zumindest während der Verhandlungen über den Austritt aus der EU auf ihrem Posten belassen.

Jetzt aber mehren sich wieder die Forderungen, dass es einen schnellen Wechsel in der Downing Street geben müsse. Das liegt an Mays Reaktion auf das verheerende Feuer. Sie brachte es fertig, die Ruine des Hochhauses zu besuchen und nicht mit Überlebenden oder freiwilligen Helfern zu reden. Sie sprach stattdessen mit – natürlich – ausgewählten Einsatzkräften.

Es ist immer das gleiche Muster: May vermeidet den unkontrollierten Kontakt mit der wirklichen Welt, und mehr wirkliche Welt als rund um den Grenfell Tower findet sich nicht. Es handelt sich um einen sogenannten Council Estate, einen Bau mit Sozialwohnungen. Dort wohnen Migranten, Arme, Arbeitslose und diejenigen, die gerade so zurechtkommen, von der Regierung genannt: „jams“ – just about managing. Abgesehen davon, dass es ein Muss ist, in einer solchen Situation mit den Menschen zu sprechen, die gerade alles verloren haben, hätte ihr oder wenigstens ihren Strategen klar sein müssen, dass dies eine ideale Gelegenheit war, die oft so kühle Premierministerin als Mensch aus Fleisch und Blut erscheinen zu lassen. Als Politikerin, die zuhört und sich kümmert. Die es tatsächlich ernst meint, wenn sie sagt, sie wolle den Menschen dienen, weil sie das so gelernt habe als Pfarrerstochter. Nun ist die Frage: Tut sie das?

Kurz nach May kam Labour-Chef Jeremy Corbyn zum Tower. Er umarmte Menschen, er tröstete sie, er nahm sich Zeit. Was immer man von den politischen Ansichten Corbyns hält: Sein Besuch war eine Lehrstunde in Anteilnahme und Mitgefühl. Über May sagten die Überlebenden, sie sei kalt wie ein Fisch. Der ebenso kluge wie böse Komiker Frankie Boyle äußerte sich am Freitag in einer Fernsehsendung in einem scharfen Monolog über May: „Sie ist, wie wir wissen, frei von menschlichen Eigenschaften außer Zähigkeit. Sie hat keinen Funken Witz, keine Wärme, keine Aufrichtigkeit, keine Empathie.“ Er schloss seinen Vortrag mit den Worten: „Was für ein verdammtes Monster.“

Mag sein, dass man ihr unrecht tut. Manche Beobachter und Weggefährten glauben, May handele nicht so, weil sie gefühlskalt sei, sondern weil sie sich in solchen Situationen schlicht unwohl fühle und sich hinter dem entschlossenen Auftreten und dem aufgesetzten Todesblick eine eher unsichere Person verberge. Ihre Biografin Rosa Prince schreibt, dass May sich am wohlsten zu Hause in Sonning fühle, einem Dorf wie mit feinstem Pinsel ans Ufer der Themse westlich von London getupft, wo das alte England noch ganz bei sich ist. Die Gegend ist so idyllisch, dass der Schauspieler George Clooney sich 2014 dort ein Anwesen gekauft hat, angeblich für mehr als zehn Millionen Pfund (das er zur nicht ganz so großen Freude der Nachbarn erst einmal gründlich renovieren ließ). Es ist mehr als verständlich, dass sich jemand in der Behaglichkeit einer ländlichen Gemeinschaft am wohlsten fühlt. Und es ist wirklich überhaupt nichts falsch daran, eine eher unsichere Person zu sein, ganz im Gegenteil. Die Frage ist allerdings, ob Premierminister von Großbritannien dann die richtige Berufswahl ist.

Spätestens am Freitag hatten sie in der Downing Street erkannt, dass sie einen großen Fehler begangen hatten. May besuche jetzt ein paar Verletzte im Krankenhaus, hieß es. Rund um den Turm wurden die Menschen immer ärgerlicher. Wieso sprach ihre Premierministerin nicht mit ihnen? Schließlich gehört der Tower dem Staat, war also in letzter Konsequenz nicht Theresa May ihre Vermieterin? Wer stattdessen vorbeikam, war Königin ElizabethII., sie erkundigte sich gemeinsam mit ihrem Enkel Prinz William nach dem Befinden der Menschen am Ort der Katastrophe. Das ließ Mays Abwesenheit noch grotesker erscheinen.

Als May am Freitagnachmittag erneut an die Unglücksstelle fuhr, hatte sich die Stimmung so weit aufgeheizt, dass sie von der Polizei vor wütenden Anwohnern in Sicherheit gebracht werden musste. „Feigling“, rief die aufgebrachte Menge ihr hinterher. Ein schlechteres Krisenmanagement ist kaum denkbar.

Vielleicht hatte May den Kontakt anfangs gemieden, weil sie spürte, dass dieser Katastrophe eine große symbolische Kraft innewohnt. Nirgends auf der Insel, vielleicht nirgends in Europa ist die Kluft zwischen Arm und Reich so groß wie in London, einer Stadt, in der die Auswüchse des Neoliberalismus täglich zu sehen und zu spüren sind. Wie sinnfällig es ist, dass der Grenfell Tower im Borough of Kensington and Chelsea liegt, einem der reichsten Bezirke Großbritanniens. Nur einen kleinen Spaziergang vom Turm entfernt kosten die Häuser mehrere Millionen Pfund. Nicht wenige dieser Häuser stehen leer, weil sie von steinreichen Menschen aus dem Ausland als Geldanlage gekauft worden sind. Kein Wunder, dass diejenigen, die ohnehin schon wenig hatten und nun über Nacht ihre Bleibe verloren haben, allmählich richtig sauer werden.

Seit Jahren hatten die Bewohner darauf hingewiesen, dass es im Gebäude massive Verstöße gegen die Brandschutzverordnungen gibt. Mittlerweile mehren sich die Hinweise darauf, dass bei einer Renovierung des Gebäudes im vergangenen Jahr eine entflammbare Außenverkleidung angebracht wurde, weil die billiger war als die feuerfeste. Getroffen hat die Katastrophe überwiegend die Abgehängten, diejenigen, die seit Jahren darunter leiden, dass die Tories mit großem Eifer die Sozialausgaben zusammenstreichen und derweil die Einkommen von Besserverdienern beschützen. Der Turm im Londoner Westen steht nun als schwarzgebranntes Denkmal dieser Politik.

Natürlich sollte man nicht zu viel in ein derart schreckliches Ereignis hineininterpretieren. Aber es passt auf verstörende Weise in eine Zeit, in der auf der Insel nichts mehr richtig zu laufen scheint. Um nur die größten Probleme zu nennen: Der Maybot klammert sich an die Macht. An diesem Montag beginnen die Verhandlungen über den Austritt aus der EU, aber niemand hat auch nur den Ansatz eines Plans. Die Regierung ist abhängig von einer Kleinpartei, die Klimawandel-Leugnern und Kreationisten eine wohlige Heimstatt bietet. Boris Johnson ist Außenminister.

Noch vor exakt zwei Jahren wirkte Großbritannien genau so, wie die taumelnde Theresa May gemäß ihrem beständig wiederholten Slogan sein wollte: stark und stabil. Damals hatte David Cameron überraschend eine absolute Mehrheit in der Parlamentswahl errungen. Die Wirtschaft wuchs schneller als in den anderen großen Industrienationen Europas. Die schottische Unabhängigkeit war abgewendet und damit der Zerfall des Vereinigten Königreichs. Das Land verstand sich mit einigem Recht als wichtiger und allseits respektierter Akteur auf der internationalen Bühne. Das war die Ausgangslage.

Um innerhalb kürzester Zeit von dieser komfortablen Position ins Chaos der Gegenwart zu gelangen, bedurfte es im Wesentlichen zweierlei: zum einen des obsessiven Hasses der konservativen Rechten auf die EU und zum anderen der Verantwortungslosigkeit von David Cameron, der mit dem Referendum die Zukunft des Landes aufs Spiel setzte, um ein paar Fanatiker in seiner Partei zu befrieden. Cameron kostete die Zockerei den Job, wohingegen für die Fanatiker an diesem Montag ein Feiertag ansteht: Sie sind froh, dass die Verhandlungen über den Brexit fast genau ein Jahr nach dem Referendum beginnen.

Als Chef des britischen Verhandlungsteams wird Brexit-Minister David Davis in Brüssel erwartet. Davis ist ein eloquenter Mann, der sich sehr gern reden hört und während seiner Einlassungen meist so von sich angetan ist, dass man ihn als Symbolbild zum Thema Selbstzufriedenheit ausstellen könnte. Eine Weile lang glaubte er, man könne nach dem Austritt mit den meisten Staaten auf dem europäischen Kontinent rasch bilaterale Handelsabkommen schließen. Er übersah, dass die meisten Staaten auf dem Kontinent solche Abkommen gemeinsam schließen, als Block, weil sie in einer Organisation namens EU zusammengeschlossen sind. Wenn Davis über den Brexit spricht, klingt das stets wie eine Reise ins Gelobte Land. Großbritannien werde eine dynamischere Wirtschaft haben, es gebe größere „globale Chancen“, die Preise in den Läden würden niedriger, die Löhne für die Armen dafür höher, und man werde die Kontrolle über die Einwanderung zurückgewinnen.

In Wahrheit werden die Preise in den Läden jetzt schon höher. Die Inflation steigt. Investoren halten sich zurück. Die Wirtschaft wächst deutlich langsamer als noch vor zwei Jahren. Zudem hat Theresa May mit ihrer unnötig anberaumten Wahl bereits ein Achtel der für die Verhandlungen zur Verfügung stehenden Zeit verschwendet. Wie in der verbleibenden Zeit ein derart komplexes Unterfangen wie der Brexit ausgehandelt werden soll, ist ein Rätsel.

Von außen betrachtet könnte man sagen, die Mehrheit der Briten hat nun einmal für den Brexit gestimmt, die werden sich das schon gut überlegt haben. Das Problem ist, dass die britischen Bürger von den Brexit-Befürwortern systematisch belogen und von Teilen ihrer Presse verraten und für dumm verkauft wurden.

Boris Johnson zum Beispiel warb nur deshalb für den Austritt, weil er sich davon bessere Chancen versprach, Premier anstelle des Premiers zu werden. So wie David Davis exemplarisch für Selbstgefälligkeit steht, ist Johnson ein Musterbeispiel für Opportunismus der zynischsten Sorte. Zeitungen wie die Sun, die Daily Mail oder der Daily Express versuchten nicht einmal im Ansatz, objektiv zu berichten, sondern wetterten mit besinnungslosem Furor gegen die EU. Die Schamlosigkeit kennt bis heute keine Grenzen: Der Daily Express fragte allen Ernstes, ob der Hochhaus-Brand vielleicht damit zusammenhänge, dass das Gebäude bei der Renovierung im vergangenen Jahr gemäß EU-Regularien verkleidet worden sei. Es ist ein Leichtes herauszufinden, dass die Antwort auf diese Frage lautet: Nein. Aber indem man sie ungeprüft stellt, ist es in der Welt: Vermutlich ist die EU auch daran schuld.

An diesem Montag beginnt der Prozess, an dessen Ende Großbritannien seinen wichtigsten Handelspartner verlassen und wirtschaftlich und politisch geschwächt dastehen wird. Die EU sieht sich zum einen einer Regierung gegenüber, die nicht weiß, welchen Brexit sie will, und von einer weltfremden Politikerin geführt wird, deren Tage gezählt sind. Sie sieht sich zum anderen einer Partei gegenüber, in der gerade die alten Gräben aufreißen. Die moderaten Kräfte der Tories schöpfen in diesen Tagen die Hoffnung, den Austrittsprozess doch wieder steuern zu können, weil sie das Wahlergebnis in dem Sinne interpretieren, dass das Volk keinen harten Austritt will. Doch die Hardliner unter den Konservativen, darunter nicht wenige ideologisch verbohrte Betonköpfe, haben bereits mit einem Aufstand gedroht, sollte es zu viele Kompromisse geben. Es steht ein epischer Streit unter den Konservativen bevor, der die Regierung lähmen wird.

Der EU-Chefunterhändler Michel Barnier hat gesagt, er erwarte, dass die Briten jetzt endlich ihre Position klarer umreißen, denn er könne schließlich nicht mit sich selbst verhandeln. Die Pointe an dieser Aussage ist, dass es für die Briten das Beste wäre, wenn Barnier tatsächlich mit sich selbst verhandelte, weil sie dann einen Vertreter auf ihrer Seite wüssten, der das Ausmaß der Aufgabe überblickt und in der Lage ist, einen Deal zu finden, der fair für beide Seiten ist. Einen Verhandler dieses Formats haben die Briten nicht in ihren Reihen. Sie haben David Davis.

Ganz abgesehen von den konkreten Modalitäten des Austritts, haben sich Debatte und Abstimmung über den Brexit als Gift erwiesen, das nun allmählich wirkt. Die Spaltung in der Gesellschaft ist so groß wie vielleicht seit dem Englischen Bürgerkrieg im 17. Jahrhundert nicht mehr. Das hat die Parlamentswahl erneut gezeigt, in der mehr als 80 Prozent der Stimmen auf die beiden großen Parteien entfielen. Keine dieser Parteien bot ein liberales Programm der Mitte an, die Wahl bestand zwischen hart rechts und hart links. Die politische Mitte ist verwaist, was nie ein gutes Zeichen ist. In einem Land wie Großbritannien, das so lange als pragmatisch und vernunftbegabt galt, ist es wirklich Grund zur Beunruhigung.

Dass im Vereinigten Königreich gerade etwas nicht stimmt, hat vielleicht die Bewohnerin von 10 Downing Street noch nicht verstanden, dafür ist es an anderer Stelle angekommen. Am Samstag standen die Feierlichkeiten zum Geburtstag der Queen an. Zu den Eigenheiten dieses in seinem Kern ja doch liebenswerten Landes gehört es, dass die Königin zwar im April Geburtstag hat, dieser aber offiziell im Juni gefeiert wird, weil das Wetter dann besser ist.

Die Queen veröffentlichte aus diesem Anlass ein Statement: „Vereint in Trauer sind wir zugleich entschlossen, unvoreingenommen all jene zu unterstützen, die auf so schreckliche Weise von Verletzung und Verlust betroffen sind.“ Das hätte vielleicht auch der Maybot noch hinbekommen. Der Queen hingegen gelang es zudem, die Stimmung im Land ebenso präzise wie ehrlich zusammenzufassen. Sie schrieb: „Es ist schwierig, sich der düsteren nationalen Stimmung zu entziehen.“

Die Stimmung ist in der Tat überwiegend düster. Aber nicht nur: In den sozialen Medien fragen viele Menschen, ob man diesen ganzen Brexit-Quatsch jetzt nicht einfach mal gut sein lassen sollte, um sich auf das Wichtige zu konzentrieren. Sie fragen: All die Ressourcen, die mit dem Brexit verschwendet werden – könnte man die nicht für anderes verwenden? Für bessere Schulen, ein besseres Gesundheitssystem. Für weniger Ungleichheit – und Wohnraum für die sozial Schwächeren, der bei einem Brand nicht in Flammen aufgeht wie ein knapp 70 Meter hohes Streichholz.

Rund um den ausgebrannten Grenfell Tower hatten sich auch am Wochenende Überlebende und Anwohner versammelt. Die Hilfsbereitschaft ist enorm, es wird Essen verteilt, es wird Kleidung verteilt, es werden Umarmungen verteilt. Die unendliche Trauer ist spürbar, und die unendliche Wut. Ihren Ausdruck fanden beide in einem Lied, das immer wieder angestimmt wurde: „We shall overcome“, sangen die Menschen rund um den Turm. Man kann das auf zwei Arten übersetzen. Entweder als: „Wir werden es überwinden.“ Oder als: „Wir werden siegen.“

(SZ vom 19.06.2017)