Source: <http://www.vormaerz.de/calls.html>
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Forum Vormärz Forschung
Aufruf zur Mitarbeit
am FVF-Jahrbuch 9 (2003):
Goethe im Vormärz
Um 1830 scheinen mit der Postulierung des "Endes der Kunstperiode" auch
die unmittelbaren politischen und ästhetischen Auseinandersetzungen um
Werk und Person Goethes zugunsten eines nun möglichen
Historisierungsprozesses an ein Ende zu kommen. Gleichzeitig entwickelt
sich um die "Weimarischen Kunstfreunde" (Eckermann, Riemer u.a.) die
frühe Goethe-Philologie, und Goethe zieht zumindest mit ausgewählten
Werken in den Deutschunterricht ein. Doch fehlt es auch nach Goethes Tod
nicht an Aktualisierungsbestrebungen. Goethe wird als wichtiger Startpunkt
eines Monumentalisierungsprozesses, als überlebensgroßer "Klassiker" zur
Symbolfigur, die die nationale Einheit verkörpert. Sein Werk wird vor allem im
hegelianischen Kontext Gegenstand geschichtsphilosophischer
Spekulationen. Eine klassizistische, sich auf Goethe berufende Ästhetik
spielt eine herausragende Rolle in der zeitgenössischen Lyrik. Und
schließlich gehört auch zur (nicht immer offen gelegten) Programmatik der
Goethe-Philologie gegen ein rein antiquarisches Interesse so etwas wie die
Erzeugung von Unmittelbarkeit und "Lebendigkeit". Statt einer Klärung der
Verhältnisse dient Goethe auch nach seinem Tod (eigentlich wenig
überraschend) als "Diskursjoker", sei es als Kronzeuge, sei es als
abschreckendes Beispiel, mit dem politisch wie ästhetisch polarisiert und
polemisiert werden kann. Dabei konnte es, wie beispielsweise zwischen der
liberalen und der deutschtümelnd-konservativen Kritik, zu auf den ersten
Blick merkwürdig anmutenden Koinzidenzen kommen. Vor allem in den
1970er und 80er Jahren sind hervorragende Arbeiten zur Goethe-Rezeption
vorgelegt worden. Desungeachtet scheint es weiterhin lohnend, den Vormärz
als den Zeitraum genauer zu untersuchen, in dem die Grundlagen für z.T.
weit ins 20. Jahrhundert hineinreichende Goethe-Bilder – denn es gibt
selbstverständlich zahlreiche – gelegt werden. Angesichts des komplexen
Gegenstands sollte dies unbedingt interdisziplinär geschehen.
Folgende Fragestellungen könnten beispielsweise für das Jahrbuch Goethe
im Vormärz von Interesse sein (andere sind selbstverständlich möglich und
willkommen):
- die philosophische und theologische Goethe-Rezeption insbesondere im
Kreis der Hegelianer
- die Auseinandersetzung mit dem Spätwerk Goethes, das die
klassizistische Ästhetik weiter hinter sich läßt (auch im Kontext
"sozialistischer" Deutungen der Wanderjahre)
- die allmähliche Konstruktion des Dioskuren-Topos Goethe/Schiller
- das angeblich so unergiebige Goethe-Jahr 1849 und seine Vorgeschichte
- das komplexe, sich einfachen Kategorisierungen entziehende Goethe-Bild
Heines
- die Methodik der frühen Goethe-Philologie
- die Bedeutung von Deutschunterricht und Literaturgeschichten für die
Goethe-Rezeption
- die Goethe-Ikonographie der Zeit und ihr Beitrag zur Monumentalisierung
und Popularisierung Goethes
- Goethe in Karikatur/Satire/Parodie
- an Goethe orientierte Autor-/Schriftsteller-Modelle
Falls Sie an dem Jahrbuch 2003 Goethe im Vormärz mitwirken wollen,
senden Sie Ihren Themenvorschlag (und nach Möglichkeit ein knappes
Exposé) an eine der folgenden Adressen:
Dr. Detlev Kopp, Aisthesis Verlag, Oberntorwall 21, D-33602 Bielefeld, e-
mail: [log in to unmask]
Dr. Hans-Martin Kruckis, Universität Bielefeld – Rektorat, Universitätsstr. 25,
D-33615 Bielefeld, e-mail: [log in to unmask]
Redaktionsschluß ist 31. August 2003.
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