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Sent: Monday, June 12, 2000 4:32 PM
Subject: Ernst Jandl gestorben
> Experimente mit «Lechts und Rinks»: Ernst Jandl gestorben
>
> Von Gerd Kriwanek, dpa
>
> Wien (dpa) - Das Gedicht «Lechts und Rinks» mit den vertauschten
> Anfangsbuchstaben war ein literarisches Markenzeichen von Ernst
> Jandel. In seiner Lyrik, aber auch in seinen Hörspielen und
> Theaterstücken verband der am Freitagabend in Wien 74-jährig
> gestorbene Büchnerpreisträger Witz mit Melancholie,
> Experimentierfreude mit Traditionsbewusstsein.
>
> Der gebürtige Wiener zählte zu den bedeutendsten experimentellen
> Autoren - nicht nur als Sprach-, sondern auch als Sprechkünstler.
> Wörter zerlegen oder vertauschen, Buchstaben auslassen oder
> Silben weglassen, das machte ihn zu einem Erben der Dadaisten
> und Expressionisten.
>
> Jandl, geboren 1925 als Sohn eines Bankbeamten in Wien, wurde
> nach dem Abitur 1943 in die Deutsche Wehrmacht einberufen,
> geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft und studierte nach
> seiner Rückkehr in Wien Germanistik und Anglistik. Er war dann -
> mit Unterbrechungen - in seiner Heimatstadt als Gymnasiallehrer
> tätig. Seine literarische Tätigkeit begann er zu Beginn der 50er
> Jahre mit Poesie traditionellen Zuschnitts.
>
> Jandls erster Gedichtband «Andere Augen» (1956) verriet noch
> wenig von der Hinwendung zur experimentellen Lyrik. Aber bereits
> kurz darauf trug er, beeinflusst von der «Wiener Gruppe», im
> Rahmen einer Lesungsreihe erstmals seine «Sprechgedichte» vor.
> Mit diesen kurzen Werken verfolgte er nach eigenen Angaben die
> Absicht, «mit sprachlichen mitteln die verwirklichung von
> möglichkeiten, die außerhalb von sprache angenommen werden,
> vorzuspiegeln».
>
> Viele seiner Texte sind witzige Sprachspiele, Wortverdrehungen und
> Lautmalereien: «manche meinen /lechts und rinks/ kann man nicht
> velwechsern/ werch ein illtum.» Jandls Gedichte erregten vorerst
> Aufsehen und Verstörung, bald jedoch gehörten sie zum festen
> Repertoire des Deutschunterrrichts in den Schulen. Seine «konkrete
> Poesie» verrät eine literaturgeschichtliche Verwandtschaft zum
> Dadaismus und zum Expressionismus.
>
> Zu den bekanntesten Gedichtsammlungen Jandls zählen «laut und
> luise» (1966), «sprechblasen» (1968), «die bearbeitung der mütze»
> (1978), «der gelbe hund» (1980) und «selbstporträt des
> schachspielers als trinkende uhr» (1983). In den Gedichtbänden
> «idyllen» (1989), «stanzen» (1992) und «peter und die kuh» (1996)
> erhielten Witz und Sprachartistik einen bitteren und sarkastischen
> Beigeschmack; Trauer und Verzweiflung über das Altern fanden
> ihren Widerhall.
>
> Von Jandls Hörspielen wurde vor allem «Fünf Mann Menschen»
> (1971) bekannt. Erfolg als Dramatiker bescherte ihm eine zur Gänze
> im Konjunktiv verfasste «Sprechoper» mit dem Titel «Aus der
> Fremde» (1980). Eine Anzahl von Jandls Arbeiten entstand in
> Zusammenarbeit mit seiner Freundin und Weggefährtin Friederike
> Mayröcker.
>
> Jandl erhielt neben dem Büchnerpreis, der bedeutendsten
> deutschen Literaturauszeichnung, auch den Friedrich-Hölderlin-
> Literaturpreis der Stadt Homburg, den Österreichischen Staatspreis,
> den Georg Trakl- Preis, aber auch den Deutschen Kleinkunstpreis.
> Marcel Reich-Ranicki lobte einmal die Ernsthaftigkeit und Tiefe der
> Poesie Jandls. Ausgerechnet der Autor, der Rechtschreibregeln für
> sich selber nicht zu kennen schien, gehörte bis zuletzt zu den
> vehementen Gegnern der Rechtschreibreform.
>
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