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SZ vom 10. Juli 2018: Das Streiflicht (a nice translation challenge if you are looking for a text)
(SZ) Es gibt eine Art von Understatement, dessen Anhänger zum Beispiel vom Weltuntergang sagen würden, er sei hochgradig gewöhnungsbedürftig. Dieser Kunstrichtung scheint auch „katholisch.de“ anzugehören, das Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland, das über Rodrigo „Rody“ Duterte schrieb, er sei „für seine markante Kirchenkritik bekannt“. Markant? Bekanntlich ist der philippinische Präsident auf seine alten Tage unter die Theologen gegangen und hat verkündet, dass Gott ein Hurensohn sei – und ein dummer noch dazu. Auf den Philippinen und in der übrigen katholischen Welt war das auf solche Verwunderung gestoßen, dass Duterte nun nachtarockte. Diesmal geht es ihm nicht um strittige Eigenschaften Gottes, sondern um die göttliche Existenz als solche. Wenn einer seiner Kritiker ihm sagen könne, er sei im Himmel gewesen und habe mit Gott gesprochen, träte er, Duterte, „noch heute Nacht zurück“.
Eine verlockendere Prämie wurde nie ausgelobt, doch da Duterte noch im Amt ist, hat sich wohl keiner gemeldet. So bitter das für die Welt und besonders für die Philippinen ist, so gut ist es für die Theologie. Wenn nämlich jetzt einer daherkäme und, womöglich unter Vorzeigen eines Handyfotos, sagte, Gott sei so und so beschaffen, könnte das ganze Lehrgebäude der Gottesbeweise, ein Bau mit vielen Sälen und Kammern, mit halb offenen Türen und leider auch ein paar blinden Fluren, glatt eingerissen werden. Dabei haben die Denker sich wirklich große Mühe gegeben und allerlei Thesen entwickelt. Der kosmologische Beweis etwa geht davon aus, dass das Universum eine Ursache außerhalb seiner selbst haben müsse, wohingegen sein teleologisches Gegenstück lehrt, dass die in der Welt sichtbare Ordnung auf eine welttranszendente Vernunft, also auf Gott, zurückzuführen sei, eine insofern nicht leicht zu vermittelnde Theorie, als die Ordnung der Welt ja manchmal eher auf die Abwesenheit Gottes als auf seine höhere Lenkung schließen lässt.
Den lustigsten Gottesbeweis oder jedenfalls das lustigste Argument für den Glauben an Gott hat Blaise Pascal entwickelt, ein Konstrukt, das man „Pascalsche Wette“ nennt. Der große Mann argumentierte folgendermaßen: Da man Gottes Existenz mit dem Verstand weder beweisen noch widerlegen kann, soll man wenigstens darauf wetten, dass es ihn gibt. Die Lösung kann naturgemäß erst nach dem Tod erfolgen: Gibt es dann einen Gott, hat man mit der Wette die ewige Seligkeit gewonnen. Gibt es keinen Gott, ist die Wette verloren, sonst aber nichts. Am riskantesten ist die Wette darauf, dass es keinen Gott gibt, in deren Nähe die Behauptung steht, es gebe ihn, jedoch in der Erscheinungsform des Dummkopfs und Hurensohns: Wird diese Wette verloren bzw. Behauptung widerlegt, erfolgt das aus der Bibel bekannte Heulen und Zähneklappern.

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