Colleagues might be interested in the newest edition of ‘Literaturkritik.de’ with - predicably a plethora
of publications on Martin Luther with an extensive discussion of Lyndal Roper’s biography. NB: Anybody near Oxford today: at 3:30pm there will be a reenactment (no nailing!) at the door of the Faculty of History. We still need extras!
Henrike Lähnemann * @HLaehnemann Reformation events in Oxford in October 2017
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Literaturkritik.de
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Neues von literaturkritik.de 30 10 2017
30.10.2017
Vorschau zum Themenschwerpunkt der November-Ausgabe: 500 Jahre Reformation – Teil IV Hinweise von Redaktion
literaturkritik.de
http://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=23856
30.10.2017
Martin Luther ganz nah
Rezension von Jürgen Nemitz zu
Lyndal Roper: Der Mensch Martin Luther. Die Biographie
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2016
http://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=23611
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Martin Luther ganz nah
Die Oxford-Historikerin Lyndal
Roper schaut auf den Menschen Luther
Von Jürgen Nemitz
Wer sich biografisch mit der Person Martin
Luther beschäftigt, übernimmt eine komplexe Aufgabenstellung. An Quellen herrscht kein Mangel. Die Selbstzeugnisse in Form der Schriften, Briefe und Tischgespräche, die gebündelt in der Weimarer Ausgabe vorliegen, bieten Lesestoff für ein Forscherleben, wenn
man in Rechnung stellt, dass alleine der historisch-theologische Kommentar zu Luthers Adelsschrift von 1520 aus der Feder von Thomas Kaufmann rund 550 Seiten umfasst. Die Luther-Biographie der australisch-britischen Frühneuzeithistorikerin Lyndal Roper unternimmt
nicht zuletzt auf der Basis dieses Materials, das Roper jahrelang zusammen mit ihren Studierenden an der Universität Oxford erforscht hat, einen neuen Blick auf das Leben eines Mannes, der kaum je den eng begrenzten Raum des Dreiecks Mansfeld, Erfurt und Wittenberg
verlassen hat, aber dennoch die Welt des westlichen Christentums nachhaltig veränderte. Sie betrachtet Luthers Aufzeichnungen nicht nur als theologische oder politische Zeugnisse, sondern sieht insbesondere in Luthers Briefen ein Fenster zu dessen Innenleben,
in dem eben nicht nur genuin theologische Fragen, sondern auch Ängste oder irdische Begierden ihren Rang einnahmen. In ihrem Dankeswort reklamiert sie dann auch konsequenterweise einen „psychoanalytischen Blick auf Luthers“ Charakter und nimmt damit den Faden
von Erik Erikson wieder auf, ohne sich freilich nur auf den „jungen Luther“ zu beschränken.
Innerhalb der umfangreichen Biographik, die
angefangen bei Melanchthon und Johannes Mathesius seit dem 16. Jahrhundert Luther in den verschiedensten Ansätzen beleuchtet und dabei ebenso glorifiziert wie problematisiert hat, findet Roper ihre Nische, indem sie der modernen Luther-Forschung Defizite attestiert,
die sich durch die deutsche Teilung und die Perspektiven des Kalten Krieges ergeben hätten. Sie zweifelt nicht, dass die Reformation – um mit Arthur G. Dickens zu sprechen – ein „urban event“ gewesen sei. Die westdeutsche Nachkriegsforschung habe jedoch auf
der Suche nach demokratischen Traditionen der Deutschen den Fokus zu sehr auf die oberdeutschen Reichsstädte gelegt und sich zu wenig Luthers mitteldeutscher Heimatregion und damit seiner genuinen kulturellen Herkunft und Verankerung angenommen, während auf
der anderen Seite die Historiker der DDR ihre Heldenfigur ohnehin in Thomas Müntzer fanden. Roper hat daher staatliche und kommunale Archive Thüringens und Sachsen-Anhalts aufgesucht, dem Genius Loci nachgespürt und flicht in ihre Darstellung Milieubeschreibungen
jener Städte ein, in denen Luther seine jugendliche und adoleszente Prägung erfahren und auch sein späteres Leben verbracht und beendet hat. Sei es Mansfeld mit seiner herrschaftlichen Enge in Sichtweite der Grafenburg, sei es das eher bürgerlich-patrizische
Erfurt, das von innerstädtischen Verfassungskonflikten erschüttert wurde, die ihrerseits die rivalisierenden Interessen von Kurmainz und Kursachsen widerspiegelten. Dass Friedrich von Sachsen sich seit 1517 konsequent an die Seite des aufmüpfigen Augustinermönchs
stellte, ist aus diesem Blickwinkel weniger eine religiöse Überzeugungstat als vielmehr politisches Kalkül, das sich gegen den Mainzer Erzbischof, den Adressaten der 95 Thesen, richtete.
Luthers Weg von Mansfeld nach Erfurt und schließlich
der Eintritt in die kontemplative und asketische Welt des Klosters sind bei Roper Bestandteile einer Persönlichkeitsentwicklung, die einen Rückzug aus der Männlichkeit der ebenso arbeitsamen wie auch rauen und materiell orientierten Welt der Bergknappen und
Gewerke darstellte. Zugleich lässt sie Luther hier das Grundmuster des Rechtfertigungsproblems erleben. Noch ehe Luther seine theologische Grundfrage nach dem gnädigen Gott stellt, muss er der Autorität des Vaters die Stirn bieten, dessen Erwartungen in ein
„nützliches“ Studium und eine zweckdienliche Ehe des Sohnes er mit dem Gang ins Kloster durchkreuzt hatte.
Teil des Lutherschen Innenlebens sind auch
dessen körperliche Selbstwahrnehmung und Psychosomatik. Dabei ist es keineswegs so, dass Autoren vor Roper derartige Beobachtungen gänzlich unterschlagen hätten. So weiß etwa Heinz Schilling in seiner 2012 erschienenen Luther-Biographie zu berichten, dass
der Reformator während seines Aufenthalts auf der Wartburg nicht nur die Segnungen einer allzu großzügigen Bewirtung genoss, sondern zugleich von heftigen Verdauungsproblemen heimgesucht wurde. Wo Schilling es mit diesem Hinweis bewenden lässt, fängt Roper
erst einmal an und lässt uns Anteil haben an Luthers Stuhlgangsintervallen („vier, manchmal bis zu sechs Tage“) und informiert über die verhärtete Konsistenz von Luthers Exkrementen und die Blutbeimengungen, die dieser in seinem Stuhl beobachtete. Selbstverständlich
geht es Roper dabei nicht um die Profanierung ihres Protagonisten, sondern vielmehr um die Darstellung von Körperlichkeit als Teil von Luthers Gesamtpersönlichkeit. Dann lässt sich eben auch zeitweilige Darmträgheit als Ausdruck von „innerer Einkehr“ nach
den Aufregungen des Wormser Reichstags deuten, aber auch als Symptom der Anspannung, die Luther auf der Wartburg erlebte. Dagegen hilft, so lernen wir bei Roper, dass man erstens seine ödipalen Probleme löst und zweitens das Neue Testament übersetzt. Dann
klappt es auch wieder mit der Verdauung. Angemerkt sei, dass auch der Kölner Ratsherr Hermann von Weinsberg, ein Mann bescheideneren intellektuellen Zuschnitts und von robuster seelischer Konstitution von seinen Ausscheidungen zu berichten pflegte und man
hierin wohl weniger den Spiegel psychischer Befindlichkeiten, sondern unbefangene gesundheitliche Selbstbeobachtung erkennen würde.
Der Fokus auf die innere Person Luther lässt
das Buch bis zu einem gewissen Grad geradezu als unpolitisch erscheinen, wenn man einen klassischen Politikbegriff zugrunde legen will. Fast entschuldigend klingt es, wenn Roper anführt, Luthers unerbittliche Schrift gegen die Bauern von 1525 sei ja erst erschienen,
nachdem die Sache auf dem Schlachtfeld ohnehin bereits entschieden war. Auch die (möglicherweise recht deutsche) Frage nach den Langzeitfolgen von Luthers Forderungen nach Gehorsam gegenüber der Obrigkeit ficht Roper nicht an. Der einschlägige Abschnitt des
Buches umfasst rund 20 Seiten. Luthers Eheschließung und den damit einhergehenden Ausführungen zu Luthers Sexualität und seinen alttestamentarisch vorgeformten Geschlechterbildern sind dem Umfang nach etwa doppelt so viele Seiten gewidmet. Hier wiederum zeigt
sich freilich zugleich die Stärke von Ropers mehrschichtiger Darstellung, die es vermeidet, das Luthersche Werk voyeuristisch auszuschlachten, sondern Luthers Einstellungen zur Sexualität in den Kontext seiner augustinisch grundierten Theologie einordnet.
Auch die intellektuelle Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam findet hier folgerichtig ihren Platz.
Teilweise wunderbar und überaus ertragreich
zu lesen sind die Abschnitte über den gealterten Luther, der sich als nunmehr beleibter Patriarch (und von den Gegnern als „Elbpapst“ verspottet) mit Frau, Kindern und einer vielköpfigen und wechselnden Gästeschar im Wittenberger Schwarzen Kloster fast einer
Hofhaltung gleich eingerichtet hatte und auch schon mal Autogramme an Fans verteilte. Der alternde Luther offenbarte Streitlust, aber auch Gehässigkeit und ist für Roper nicht frei von Widersprüchen. Der Mann, der das allgemeine Priestertum gepredigt hatte,
gefiel sich darin, Gegner und „Abweichler“ zu demütigen. Angefangen bei Karlstadt so auch bei Bucer anlässlich der Wittenberger Konkordie. Es finden sich selbstverständliche Reste klerikalen Standesverständnisses, wenn etwa Luther 1542 von der persönlichen
Zahlung der Türkensteuer ausgenommen war. Der Kontext des späten Luther ist für Roper auch der Ort, an dem sie dessen Judenfeindlichkeit behandelt, wiewohl die Lektüre des Buches eröffnet, dass Luthers bekannte Hetzschrift von 1543 eben keinen altersgrimmigen
Ausfall darstellte, sondern in einem biographischen und theologischen Kontinuum zu sehen ist, das schon bei Luthers Beichtvater Staupitz einsetzt und am Ende mit der Forderung nach Auslöschung der jüdischen Kultur für Roper in einer qualitativen „Weiterentwicklung“
der traditionell repressiven, aber doch auf Duldung angelegten Judenfeindschaft gipfelte. Mithin macht es Roper dem Leser unmöglich, Luthers Haltung zu den Juden als „zeittypisch“ zu bagatellisieren.
Roper ist ein Buch gelungen, das seinem Anspruch
gerecht wird, ganz nah bei der Person Luther zu sein, indem sie seine Selbstzeugnisse ernst nimmt und diese zugleich mit fundiertem, nicht zuletzt auch theologischen Wissen zu kontextualisieren weiß. Das Buch wird künftig zu den bedeutenden Biographien des
Reformators gerechnet werden.
Lyndal
Roper: Der Mensch Martin Luther. Die Biographie.
Übersetzt aus dem Englischen von Holger Fock
und Sabine Müller.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2016.
730 Seiten, 28,00 EUR.
ISBN-13: 9783100660886
Weitere
Rezensionen und Informationen zum Buch
30.10.2017
Eine distanzierte und kritische Betrachtung über Martin Luther
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Peter Henkel: Schluss mit Luther. Von den Irrwegen eines Radikalen
Tectum Verlag, Marburg 2017
http://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=23666
30.10.2017
Martin Luther, wie die Deutschen ihn sahen
Rezension von Manfred Orlick zu
Marcel Nieden (Hg.): Ketzer, Held und Prediger. Martin Luther im Gedächtnis der Deutschen
Lambert Schneider Verlag, Darmstadt 2017
http://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=23818
30.10.2017
de potestate papae
Sammelrezension von Heribert Hoven
zu Büchern von Volker Leppin, Michael Matheus, Tanja Michalsky, Bernd Schneidmüller, Christoph Strohm, Stefan Weinfurter, Alfried Wieczorek, Hubert Wolf, Norbert Zimmermann