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The article is again too long for the email format but the link above gives you the full text and also links to other articles by Ian McEwan in Swiss German translation („angetönt“); here just a sample from the last part of the interview:
«Wir können nicht mehr tun, als am Küchentisch sitzen und tratschen», schrieben Sie nach dem Brexit-Referendum: «Der Butler hat eine Theorie und ebenso das zweite Zimmermädchen.»

Nach dem Referendum hat die britische Politik die Bevölkerung behandelt, als wären wir die Domestiken in «Downton Abbey.»

Wovon handelt die aktuelle Folge Ihrer nationalen Soap, nun, da die Konsequenzen des Entscheids spürbar werden und das britische Pfund sich auf einem Tiefstand befindet?

Ich habe manchmal nach wie vor das Gefühl, dass der Brexit doch noch abzuwenden wäre. Die britische Forderung, Zugang zum EU-Binnenmarkt zu erhalten, ist mit der Abschottung gegen den freien Personenverkehr nicht zu vereinbaren.

Auf der politischen Bühne dominiert allerdings einstweilen der Gedanke an einen «harten» Brexit.

Das trifft zu. Die momentane Stimmung scheint dahin zu gehen, dass wir auf den Zugang zum Binnenmarkt verzichten, um die Zuwanderung einzugrenzen. In diesem Fall würden wir sehr schwierige ökonomische Verhältnisse erleben, aus denen wir uns vielleicht in zwanzig Jahren wieder herausgearbeitet haben. Es besteht die Gefahr, dass die Körperschaftssteuer gesenkt und Grossbritannien ein neues Steuerparadies wird. Unmittelbar nach dem Referendum hatte ich das Gefühl, als Bürger völlig machtlos zu sein. Wie bereits angetönt – wir fühlten uns wie Dienstboten, die lediglich den Schritten der Regierung über ihren Köpfen lauschen können.

Ein Musterbeispiel für die «Kunst schlechter Regierung», wie es in «Ein Kind zur Zeit» heisst.

Inzwischen ist Grossbritannien ein Einparteistaat, da sich die Opposition in Aufruhr und in einem Zustand der Zerrissenheitbefindet. Teil des Problems ist unsere Parteipresse, die in ihren jeweiligen Lagern kämpft und der britischen Bevölkerung in den vergangenen fünfunddreissig Jahren eingetrichtert hat, die Europäische Union sei ein verrücktes Bündnis, in dem Bürokraten in Brüssel diktierten, dass Bananen gerade und Tomaten viereckig zu sein hätten. Sollte die EU zerbrechen, werden wir in dreissig Jahren auf ein goldenes Zeitalter zurückblicken und bereuen, dass ein Gewöhnungsprozess und monströse Torheit dazu führten, dass wir versäumten, sie zu verteidigen.



Henrike Lähnemann * Professor of Medieval German

Office: Faculty of Medieval and Modern Languages * 41 Wellington Square * GB - OX1 2JF * 01865-270498

Postal address:  St Edmund Hall *Queen’s Lane * GB – OX1 4AR Oxford * Medingen website http://medingen.seh.ox.ac.uk/ @HLaehnemann

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