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Lieber Otto,

Leinstengelbündel bronzezeitlich, Feudvar in Serbien, erscheint demnächst:

/2.3.4 Lein / Flachs, Linum usitatissimum/

/Gefundene Reste: /verkohlte Samen, ein verkohltes Leinstengelbündel; 
drei verkohlte Garnknoten, häufig

Lein oder Flachs –im Deutschen werden die zwei Nutzungsweisen auch durch 
die Namen deutlich: Lein für die Samen- und Ölnutzung und Flachs für die 
Fasernutzung. Lein ist /founder crop /des altweltlichen Ackerbaus. Aus 
dem Komplex Nr. 2010/15 in der Westburg (BU 118 Fundpunktangabe 73/95, 
Tiefe 123,40 m), Schichten G bis H, stammt ein verkohltes Material, das 
als „Geflecht?“geborgen wurde. Es ist ein Leinstengelbündel. Leider ist 
es nicht so fundreich wie das mittelalterliche Leinstengelbündel von 
Oldenburg in Holstein^37 . Es enthielt, vorsichtig auseinander genommen, 
nur drei Körner Einkorn, eine Einkorn-Spelzbase, eine Teilfrucht 
Eisenkraut, zwei Gänsefußsamen, vier Körner der Ackertrespe und zwei des 
kleinsamigen Lolches. Und diese können zudem noch sekundäre Beimengungen 
des Umfeldes sein. Keine Leinsamen und leider auch keine Leinunkräuter. 
Das Stengelbündel zeugt von der Nutzung des Leins / Flachses als 
Faserpflanze.

Ebenfalls sehr selten sind Garnknoten. Die speziellen Bedingungen des 
festen Knotens sorgen dafür, dass die Fasern nicht auseinander fallen, 
sondern die rüden Aufbereitungsmethoden der Bodenproben heil als Ganzes 
überstehen. Es sind drei Stück aus der Frühbronzezeit, einer aus Schicht 
E, zwei aus Schicht G. Die tiefe Lage hat zudem für gute 
Konservierungsbedingungen gesorgt. Ob nun Knoten eines Netzes oder 
anderes, bleibt offen.

Verkohlte Leinsamen sind regelmäßige Funde. Es werden durchaus 
Nachweisdichten von maximal 20 % Stetigkeit erreicht (Abb. 64). Ein 
besonderes zeitliches Schwergewicht lasst sich nicht ausmachen. Da zum 
Jüngeren die Erhaltungsbedingungen schwierig werden, die Nachweisdichte 
aber nicht abnimmt, sondern eher zunimmt (Abb. 65; 66), kann angenommen 
werden, dass Leinenindustrie im Jüngeren mehr Bedeutung hatte als 
imÄlteren. In Agios Mamas hatten wir 13 % Stetigkeit im Älteren als 
gewichtigen Hinweis auf entwickelten Hausfleiß in der Leinenproduktion 
gewertet^38 . Ein Massenfund von Leinsamen als Hinweis auf die Samen- 
und Ölnutzung des Leins fehlt. Es gibt aber eine Kollektion mit vielen 
Leinsamen (Tab. 35). Die Ölnutzung ist im Ganzen sehr wahrscheinlich.

Das Öl aus den Samen ist einerseits ein hochwertiges Lebensmittel und 
andererseits auch technisch für viele Zwecke zu gebrauchen. Leinöl 
trocknet, Firnis beispielsweise ist klar getrocknetes Leinöl, 
Fensterkitt besteht aus Leinöl mit Kreide. Die Verwendungen des Leinöls 
sind äußerst vielseitig, wie auch durch den Art-Beinamen /usitatissimum 
/deutlich wird.

^37 Kroll / Willerding 2004. Berühmt sind die Leinstengelfunde der 
Feddersen Wierde: Körber-Grohne 1967, bes. 147–168 Taf. 21–33, bes. Taf. 21.

^38 Becker / Kroll 2008, 33 f. Abb. 9. Zum Wollschaf und zur 
Textilverarbeitung ebd. 154–158; 170–174.


Am 07.06.2016 um 13:46 schrieb Brinkkemper, Otto:
>
> Dear colleagues,
>
> In the Netherlands, there is an intriguing find of charred, twisted 
> fibres of flax (Linum usitatissimum) for a Late Neolithic (Single 
> Grave Culture = Corded Ware) site (see esp. p. 134 of the attached 
> publication by Lucy Kubiak-Martens). For a review on fibre crops, I am 
> highly interested in other early finds of flax fibres (as well as 
> those of hemp, nettle or other fibre plants) throughout Europe, in the 
> case of flax especially in the form of more complete textiles or the 
> typical by-products of flax stem processing. References to review 
> publications of fibre crops outside of Europe would be very welcome as 
> well (off-list?).
>
> The reference for the attached article is:
>
> Kubiak-Martens, L., 2014. Botany: local vegetation and crop 
> cultivation, in: Theunissen, E., Brinkkemper, O., Lauwerier, R.C.G.M., 
> Smit, B.I., van der Jagt, I.M.M. (Eds.), A Mosaic of Habitation at 
> Zeewijk (the Netherlands). Late Neolithic Behavioural Variability in a 
> Dynamic Landscape, Amersfoort (Nederlandse Archeologische Rapporten 
> 47), 129–141.
>
> The full publication (27 MB) can be downloaded at: 
> http://cultureelerfgoed.nl/sites/default/files/publications/nar047-a-mosaic-of-habitation-at-zeewijk-the-netherlands.pdf 
>
>
> Many thanks in advance,
>
> oTTo
>

-- 
Dr. Helmut Kroll
Projensdorfer Str. 195
24106 Kiel
Tel. 0431 334433
www.helmutkroll.de