An der Stoßrichtung dieser wirtschaftspolitisch interessierten Sprachpolitik ist nicht nur die Blauäugigkeit im Hinblick auf China und die Blindheit gegenüber den europäischen Mitstreitern interessant, sondern auch die Tatsache, dass die Schwäche der eigenen Wirtschaftspolitik unerwähnt bleibt. Wer dieser ins Auge sehen würde, müsste zu dem Schluss kommen, dass die Orientierung am wirtschaftlich attraktivsten europäischen Nachbarn und dessen bestimmenden Institutionen (Tarifautonomie, Ausbildungssystem etc.) angesichts der ohnehin engen Verflechtungen die naheliegende Option wäre, wenn es darum geht, die eigene wirtschaftliche Lage zu verbessern. Wer den eigenen Hochschulabsolventen einen Job versprechen will, kommt nicht umhin zu sagen: Geht nach Deutschland. Dem könnte Hanban wenig entgegensetzen.

 

http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/bildung-nur-noch-zwei-prozent-arbeitslose-akademiker-12095535.html

 

http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/11525_de.htm

 

Morgendliche Grüße rundum!

 

 

 

From: JISCmail German Studies List [mailto:[log in to unmask]] On Behalf Of Henrike Laehnemann
Sent: Freitag, 6. Dezember 2013 07:27
To: [log in to unmask]
Subject: Süddeutsche Zeitung vom 06.12.2013: Mandarin & Money

 

Ein interessanter Artikel aus der App der Süddeutschen Zeitung:

Titelseite, 06.12.2013
 
Großbritannien
 
Mandarin & Money
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Von Christian Zaschke
 
Drei Tage lang ist David Cameron nicht müde geworden, seine chinesischen Gastgeber zu preisen und zu loben. Der britische Premierminister hat einen Staatsbesuch absolviert, auf dem er bilaterale Wirtschaftsabkommen über sechs Milliarden Pfund abschloss. Für den Abschluss der Reise hatte er sich ein besonderes Schmankerl aufbewahrt: Britische Schüler, verkündete Cameron, sollen künftig statt Französisch oder Deutsch lieber Mandarin lernen. Nicht nur hat sich Cameron mit diesem Vorstoß noch tiefer vor seinen Gastgebern verbeugt, er hat auch den europäischen Partnern auf gewohnt nonchalante Weise die kalte Schulter gezeigt.
 
Cameron argumentiert, dass Großbritannien sich künftig an Ländern mit "schnell wachsender Wirtschaft" orientieren müsse. "Das bedeutet, dass unsere jungen Leute die Sprachen lernen müssen, in denen die Wirtschaftsdeals von morgen gemacht werden. Wenn die heute Neugeborenen von der Schule abgehen, wird China die größte Wirtschaftsmacht der Welt sein", sagte der Premier.
 
Die schöne Vision von unzähligen Briten, die in nicht allzu ferner Zukunft dank ihrer Mandarin-Kenntnisse Deal um Deal an Land ziehen, wird lediglich dadurch ein wenig getrübt, dass Großbritannien, wenn es um Fremdsprachenkenntnisse der Europäer geht, in jeder denkbaren Rangliste auf dem letzten Platz steht. Seit Jahrzehnten gibt es immer wieder Initiativen, das zu ändern. In den Neunzigerjahren versuchte der British Council es mit Ironie, die Organisation ließ Plakate mit einem Spruch bedrucken: "Sie brauchen keine fremde Sprache zu lernen. Brüllen Sie doch einfach noch etwas lauter auf Englisch." Doch die Bemühungen blieben fruchtlos, was daran liegt, dass freundlicherweise so viele Menschen in anderen Ländern mindestens eine Fremdsprache lernen, und zwar meistens Englisch.
 
Bei den Briten, die die Mühen des Fremdsprachenerwerbs dennoch auf sich nehmen, steht ziemlich genau seit der normannischen Invasion im Jahr 1066 Französisch auf Platz eins, mit einigem Abstand folgt Deutsch auf dem zweiten Rang. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl von Schülern und Studenten, die Französisch oder Deutsch lernen, allerdings um 30 bis 50 Prozent gesunken. Das liegt nicht daran, dass auf der Insel schon jetzt verstärkt Mandarin gelernt wird, sondern daran, dass sich mehr Studenten für Natur- und Wirtschaftswissenschaften entscheiden.
 
Cameron ist es ernst. Der British Council hat ein Abkommen mit dem Hanban getroffen, dem staatlichen Büro zur Verbreitung der chinesischen Sprache. Die Zahl der ausgebildeten Mandarin-Lehrer im Königreich soll auf tausend steigen; derzeit gibt es nur hundert. Schulen, die entsprechenden Unterricht anbieten, sollen Fördergeld bekommen. An drei Prozent der Grundschulen und neun Prozent der weiterführenden Schulen werden derzeit Mandarin-Stunden angeboten.
 
Im Gegenzug wird der British Council dem Abkommen gemäß in den kommenden drei Jahren 50 000 Englischlehrer in China ausbilden. Dies wird mittelfristig dazu führen, dass mehr und mehr Chinesen Englisch sprechen - was den Briten wiederum erlauben würde, sich die Mühen des Chinesisch-Lernens dann doch zu ersparen.
 

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