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Full programme details are available at the Thomas-Mann-Archiv 
website:

http://www.tma.ethz.ch/kongress2000/index.htm

or from <[log in to unmask]>.

DL
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Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
Thomas-Mann-Archiv
Kongress vom 6.-9. Juni 2000 
 
Das Unbewusste in Zürich
Sigmund Freud, C.G. Jung und Thomas Mann: Literatur und 
Tiefenpsychologie um 1900

Veranstalter: 
Thomas Mann Gesellschaft Zürich 
Thomas-Mann-Archiv der ETH Zürich 
Psychiatrische Universitätsklinik Burghölzli 
in Zusammenarbeit mit dem Präsidialdepartement der Stadt Zürich 


Worum geht es?
Es geht um ein Stück europäischer Bewusstseinsgeschichte um 
1900 -- um die Entstehung des Seelenmodells der Moderne: die 
Tiefenpsychologie. In den Jahren von 1895 bis etwas 1912 liegt -- 
nach Wien -- in Zürich der wesentliche Schwerpunkt dieser 
Entwicklung, gekennzeichnet durch die Namen von Bleuler und 
Jung, aber auch durch weniger berühmte wie Honegger, Pfister und 
Rorschach. Von Symbolwert für Tendenzen in der Psychiatrie, 
denen das tiefenpsychologische Konzept des Unbewussten 
entgegenkommt, ist die Zürcher Universitätsnervenklinik auf dem 
Burghölzli in mancher Hinsicht (auch von der Architektur her).

Seitenentwicklungen, die diesem Konzept förderlich waren, stellen 
die Forschungen des Psychiaters und Neurologen Constantin von 
Monakow dar (der in der Rämistrasse praktizierte; seine Adresse 
findet sich schon 1905 im Notizbuch Thomas Manns) sowie -- aus 
einer ganz anderen Richtung -- die Arbeiten und die Krankheit des 
heute sehr beachteten Otto Gross. Er ist (1902 und 1908) im 
Burghölzli behandelt und von C.G. Jung analysiert worden.

Hierher gehört auch der Aspekt des Frauenstudiums in Zürich, weil 
ungewöhnlicherweise bald Frauen in der Zürcher Psychiatrie und 
Tiefenpsychologie auftauchen (Sabina Spielrein, Toni Wolff u.a.). 
Schliesslich ist die Beziehung Jungs, Honeggers u.a. zu völkisch-
germanisch orientierten Sekten von dem amerikanischen 
Psychoanalyse-Historiker Richard Noll wiederholt behauptet 
worden, vor allem in Hinsicht auf die Aryana-Gesellschaft in 
Herrliberg -- eine derzeit in England heftig diskutierte Darstellung. 
Was auch daran sein mag: Es erheltt daraus jedenfalls ein 
historischer Kontext der Rückwendung zum Mythos, die Jung und 
Thomas Mann im selben Jahr 1911/12 nehmen -- er ist auch in 
Zürich vorhanden.

Die Anregung zu diesem Kongress nehmen die Veranstalter von 
Thomas Mann selbst. Er hat in Werk und Tagebüchern lange Zeit 
eine Parallelbewegung zur Entwicklung der Tiefenpsychologie 
gemacht, bis er sich 1929 ausdrücklich zur Psychoanalyse 
bekennt. Dies ist allerdings mehr ein politischer Akt, denn mit 
seinen psychologischen Anschauungen steht er faktisch bei C.G. 
Jung. Der Tod in Venedig und Jungs Wandlungen und Symbole der 
Libido (beide 1911/12) sind sich in Grundzügen sehr nahe. Auch 
Thomas Mann hat die Tiefenpsychologie als das Seelenmodell der 
Moderne verstanden.

Zu den Vorläufern gehört Gerhart Hauptmann, der im Burghölzli 
Forels Vorlesungen gehört und sich dort über "Vererbung" und 
"Degeneration" informiert hat. Auch die Anregung zu den Webern 
hat er von dort und nicht aus Schlesien. Als "Vorgänger" liesse sich 
sogar Gottfried Keller ins Auge fassen, der das Burghölzli-Konzept 
energisch gefördert und schliesslich dort auch mehrfach seinen 
schizophrenen Freund Leutholt besucht hat.

Der Kongress sollte, wo möglich, seine historische Thematik auch 
aktuell und allgemeiner fassen, etwa im Bezug der 
Tiefenpsychologie zur Moderne. Das würde dem ausdrücklich 
gewünschten Lokalaspekt das richtige Gegengewicht halten.




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