Ein Artikel der digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 19.11.2018
http://sz.de/1.4216318
Innenpolitik, 19.11.2018
Politische Kultur
Erfrischend anständig
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Interview von Moritz Geier
"Die Deutschen haben keine Ahnung, wie viel Glück sie mit ihren Politikern haben." Diesen Satz hat Oliver Moody, Deutschland-Korrespondent der britischen Zeitung The Times, von der CDU-Regionalkonferenz in Lübeck getwittert.
SZ: Herr Moody, warum haben die Deutschen denn Glück mit ihren Politikern?
Oliver Moody: Nun, als ich nach Berlin gekommen bin, hatte ich den Eindruck, dass hier sehr viel Zynismus über Politiker vorherrscht. Aber als Außenstehender denke ich, dass das nicht zwingend berechtigt ist. Die Konzentration auf Fakten und die Höflichkeit des gesellschaftlichen Diskurses haben mich extrem beeindruckt, auch die Hingabe für eine wehrhafte Demokratie, die Politiker hier teilen. Spahn, Merz und Kramp-Karrenbauer waren nett zueinander in Lübeck. Für mich als Brite war es erfrischend, eine so anständige Auseinandersetzung über Uneinigkeiten zu sehen.
Deutschland hat auch Horst Seehofer, eine Regierung, die nahezu den ganzen Sommer lang gezankt hat, und die AfD.
Ich behaupte nicht, dass Deutschland ein politisches Utopia ist. Aber ich glaube, dass man hier aus Gewohnheit leicht überhört, wie konstruktiv der Tenor der politischen Debatte ist. Verglichen mit dem, was das britische Parlament gerade durchmacht, wirkt es sehr produktiv, wie Politiker hier versuchen, Unterschiede auszuräumen.
Im Vergleich zum britischen Parlament können Debatten im Bundestag ziemlich langweilig wirken.
Langeweile ist so eine Sache. Ihr Gegenpol wäre Effekthascherei: grelle Rhetorik, Politik als Seifenoper, um die Öffentlichkeit zu unterhalten und einzubinden. Eine solche Politik läuft Gefahr, dass die Menschen für sinnvolle politische Debatten unempfänglich werden. Und am Ende noch gelangweilter sind.
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