Aptum Heft 3/ 2009
Inhalt
1. Heidrun Kämper: Über Auschwitz reden - Theodor W. Adornos sprachpädagogisches Konzept
Gegenstand des Beitrags ist Adornos sprachpädagogisches Konzept. Dieses wird rekonstruiert
zunächst mit Bezug auf seine biografischen Voraussetzungen und seine wissenschaftliche
Überzeugung der Kritischen Theorie. Anschließend reflektiert der Beitrag eine (aus dieser
wissenschaftlichen Überzeugung abzuleitende) prinzipiell sprachkritische Haltung als
philosophischer Denkstil und die aus diesem Denkstil abzuleitende sprachlich-pädagogische Praxis.
Diese Praxis wird am Beispiel von Adornos "demokratischer Pädagogik" vergegenwärtigt. Es folgt die
Rekapitulierung von Sprachkritik als gesellschaftskritischer Denkstil mit dem diesem Denkstil
verpflichteten sprachkritischen Werk ‚Jargon der Eigentlichkeit'. Abschließend wird die aus diesem
Denkstil abzuleitende sprachkritische Praxis der Begriffsbildung beschrieben - Auschwitz als
Begriff, als Konzept, ist darstellbar als Resultat, das Adornos antifaschistisch-demokratische
Sprachkritik hervorgebracht hat.
2. Volker Fuchs: Gelungen - missraten. Strategien des Umgangs mit fremdem Wortgut
Das Auftauchen neuer Wörter und deren Übernahme in den allgemeinen Sprachgebrauch vollzieht
sich vielfach recht unspektakulär, wird aber auch nicht selten kritisch beäugt und dann auch
entsprechend als nicht geglückt oder als unwillkommen oder überflüssig kommentiert. Ob aus
anderen Sprachen entlehnt oder mit den Mitteln der eigenen Sprache gebildet, neue Wörter haben
es mitunter schwer, als gelungene Bereicherung des zeitgemäßen Wortgutes angesehen zu werden.
Der Beitrag beschreibt, welche Konflikte dem zugrunde liegen können, und stellt die Frage nach
objektiven Kriterien solcher Bewertungen. Am Beispiel Frankreichs lässt sich die These vertreten,
wonach öffentliche Debatte und gefördertes Sprachbewusstsein sowie die Vorbildwirkung des
Sprachgebrauchs eher zu einem angemessenen Umgang mit neuem, besonders mit fremden
Wortgut führen als sprachpolitische Gesetzesakte oder Ängste vor Überfremdung und
Sprachenkrise.
3. Eric Wallis: Sprachliche Denkmäler. Ein essayistisches Plädoyer
Der Autor plädiert für ein Denkmal, wie wir es kennen, dort wo wir es noch nicht kennen. Ist
Sprache ein geeignetes Medium, um Denkmäler zu statuieren, geschweige denn "instandzusetzen"?
Warum gibt es eigentlich keine offiziellen Sprachdenkmäler? Im Text findet sich die Beschreibung
eines sprachlichen Denkmals, wie es aussehen könnte, was dafür vonnöten wäre und wo seine
Grenzen liegen. Als Plädoyer sucht der Text nach Gründen, warum es sprachliche Denkmäler geben
dürfen sollte, und er gelangt infolgedessen an die Grenzen eines mitunter kritikwürdigen
Vokabulars, das sich in Teilen der Linguistik "eingesessen" hat und dem Denken starre Grenzen
aufzuweisen in der Lage ist. Begriffe wie Sprachpflege und Sprachbeeinflussung sollten in
Anbetracht eines modernen Sprachbegriffes einer gereiften Linguistik neu gedacht und definiert
werden dürfen. Die Begriffe selbst schon gefährden manche sachliche Debatte über die
Anwendungsgebiete wissenschaftlicher Sprachkritik, eben weil sie in jeder Anwendung stärker den
begrifflichen Grenzen ihrer Geschichte verpflichtet sind als manches Wort des Dritten Reiches,
dessen Wandel stillschweigend akzeptiert wird. Unter Umständen könnte es angebracht sein, neue
Begriffe anzuwenden. Das sprachliche Denkmal wird als eine Möglichkeit vorgestellt, mit alten
Begriffen neu umzugehen oder neue Begriffe einzuführen.
4. Hans Jürgen Heringer: Kritik in der Krise
Sprache scheint in letzter Zeit hohe Aufmerksamkeit zu genießen, weniger aber die Sprachkritik. Die
Idee einer linguistisch fundierten Sprachkritik, wie sie in den 70er und 80er Jahren entstand, blieb
mehr eine Idee. In diesem kleinen Beitrag wird sie wieder aufgenommen. Es wird an zwei neueren
Veröffentlichungen (eine von Arntzen und eine von Eppler) gezeigt, wie Kenntnis und Einbeziehung
neuerer linguistischer Methoden - vor allem der Empirie, aber auch der Theorie - mancherlei Kritik
obsolet erscheinen lässt, wie sie aber auch die Kritik stützen und damit realistischer und wirksamer
machen könnten.
5. Stefan Bukacek: Wie Zeichen Produkten eine Persönlichkeit geben: Marken als Zeichenprozess
Marken gelten in Zeiten der Globalisierung und der Wirtschaftskrise als wichtiger Faktor für den
Erfolg eines Unternehmens. Aber was macht eine starke Marke aus? Dieser Beitrag untersucht, wie
eine Marke aus kontinuierlichen Kommunikationshandlungen auf verschiedenen Zeichenebenen
gebildet wird. Am Praxisbeispiel einer Bekleidungsmarke aus dem Bereich der Jugend-Subkulturen
wird gezeigt, wie mit unterschiedlichsten Zeichen auf das Image der Marke beim Konsumenten
eingewirkt wird. Dazu werden semiotische Methoden zur Untersuchung von Phonetik, Semantik,
Text-Bild-Strukturen und der mythischen Struktur (nach Roland Barthes) genutzt und ausgewertet.
Abschließend werden die Konstruierbarkeit von Marken durch das Management und ihr
gesellschaftlicher Einfluss einer kurzen kritischen Betrachtung unterzogen.
Über Aptum
Aptum. Zeitschrift für Sprachkritik und Sprachkultur wird seit 2005 von Jürgen Schiewe, Greifswald,
und Martin Wengeler, Düsseldorf, herausgegeben. Die Zeitschrift hat sich das Ziel gesetzt,
Sprachkritik als eine anwendungsbezogene Disziplin in die Sprachwissenschaft zu integrieren. Sie
ist ein Diskussionsforum für linguistisch fundierte Sprachkritik und bietet Raum für Stellungnahmen
zu Sprachfragen von öffentlichem Interesse.
Das Verlagsprogramm finden Sie unter
www.hempen-verlag.de
ISSN: 1614-905X
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