CFP: „Gegen den Strich.“ Das Subversive in der deutschsprachigen Literatur
nach 1945
Konferenz veranstaltet vom Fachbereich deutsche Literatur der Universität
Antwerpen in Kooperation mit dem Österreich-Zentrum Antwerpen (Octant)
13.-14. September 2010
Mit dieser internationalen Konferenz befragen wir die Kategorie des
Subversiven in der deutschsprachigen Literatur nach 1945. Die Frage nach
dem gesellschaftskritischen Potential der Literatur steht im Mittelpunkt einer
literaturwissenschaftlichen Tradition, die von der marxistischen
Literatursoziologie bis zu den Postcolonial Studies reicht. Das in den 1960er
und 1970er Jahren deutlich gesetzte Vertrauen in die sozialpolitische Macht
der Literatur, gegenhegemonial zu wirken, wurde in den darauffolgenden
Jahrzehnten immer stärker in Frage gestellt.
Gerade in Zeiten ohne radikale politische Opposition und ideologische
Antagonismen erfährt der Begriff 'Subversion' eine geradezu inflationäre und
überstrapazierte Benutzung. Ein allzu weites Begriffsverständnis ist in
heuristischer Hinsicht wenig sinnvoll, weil die 'Subversion' auf diese Weise
jeden distinktiven Aspekt zu verlieren droht.
Diese Tagung will ein genaueres Verständnis des Subversiven in der deutschen
Literatur ermöglichen, indem insbesondere Beiträge erbeten werden, in denen
Subversion an der literarischen Form bzw. an bestimmten narratologischen
Schreibverfahren oder diskursiven Konstruktionsprinzipien festgemacht wird.
Hierbei gilt das Augenmerk den literarischen Mechanismen, die die Dimensionen
menschlichen Handelns hinter dem 'Normalen' aufdecken.
Literatur ist vor diesem Hintergrund, so der Ausgangspunkt dieser
interdisziplinären Tagung, nicht primär als bloße Negation einer Tradition,
Provokation des guten Geschmacks oder offener Bruch mit dem Bestehenden
zu verstehen, sondern vielmehr als eine untergründige Störung festgelegter
Diskursverläufe oder Infragestellung der geltenden Zweckrationalität zu
betrachten. In diesem Kontext soll der Frage nachgegangen werden, auf
welche Art und Weise existierende Argumentationsstrukturen, ideologische
Bezugssysteme und soziale Standards in der Literatur ad absurdum geführt
werden.
Im Mittelpunkt der Tagung stehen Themen und Fragen, die historische,
politische oder kulturelle Determinanten literarischer Subversion ebenso wie
textinterne Taktiken (Gattungsmuster, narratologische Schreibverfahren) als
Folie für die Transformation von kulturellen Deutungsmustern in den Blick
nehmen. Erwartet werden sowohl Beiträge, die sich mit der kritischen
Rekonstruktion der Theorien literarischer Subversion beschäftigen, als auch
Beiträge, deren Gegenstand eine textorientierte Analyse der Formen und
Funktionen des Subversiven in der deutschsprachigen Literatur nach 1945 ist.
Wir wollen diese bewusst weit gefassten Themenbereiche aufgreifen und
anhand dreier Brennpunkte untersuchen. Mögliche Fragestellungen können
hierbei sein:
1) Subversion in der Literatur
- Formulierung alternativer Wertvorstellungen in der Literatur
- Die Darstellung von Wahnsinn, Perversion und Anomie in der Literatur
- Die Unterwanderung der Norm der Heterosexualität in der Literatur
2) Literatur als Subversion
- Subversion des literarischen Systems: kritische Unterwanderung
ästhetischer Standards, literarischer Traditionen sowie Gattungskonventionen
- Literatur als wirkungsvolles Medium, das die Kontingenz der nationalen
Identität und des kollektiven Gedächtnisses aufdeckt und dokumentiert
- Die Tradition der Polemik/Provokation in der deutschsprachigen Literatur
3) Theoretische Reflexionen über subversive Strategien in der Literatur
- Welche Theorien eignen sich, um den Sinn und die Bedeutung der
literarischen Subversion zu analysieren?
- Eine Untersuchung der theoretischen Grundlagen und Voraussetzungen
der normativen Ästhetik von Postcolonial Studies, Feminismus, Cultural
Studies usw., die die Bedeutung von Literatur in letzter Instanz von ethisch-
politischen Annahmen abhängen lassen.
- Auf welche Weise kann Literatur in ihrer Funktion als Interdiskurs
(sensu Jürgen Link) gesellschaftliche Themen neu verhandeln und eigenständig
neue – oft kritische – Sichtweisen schaffen, welche wiederum in den
gesellschaftlichen Diskurs eingespeist werden?
Vorschläge für die Tagung sollten bis zum 26. Februar 2010 eingereicht
werden. Diese sollten den Vortragstitel, ein Abstract von maximal 250 Wörtern,
einen kurzen Lebenslauf und die Adresse der Einreichenden/des Einreichenden
umfassen. Die Vortragsdauer sollte 25 Minuten nicht überschreiten. Die
Konferenzsprache ist Deutsch. Eine Veröffentlichung ausgewählter Beiträge ist
geplant.
Bitte senden Sie Ihre Vorschläge per Email an: Arvi Sepp ([log in to unmask])
Organisation:
Prof. Dr. Vivian Liska
Prof. Dr. Gunther Martens
Dr. Arvi Sepp
Mag. Eva Steindorfer
Kontakt:
Dr. Arvi Sepp
Universität Antwerpen
Fachbereich Deutsche Literatur
Grote Kauwenberg 18
B-2000 Antwerpen
Tel.: + 32 3 265 42 53
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