Joseph Roth und die Reportage
18.-20. Juni 2009
Tagungsveranstaltung der Deutsch-Österreichischen Gesellschaft der
Auslandsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V., Dortmund
in Zusammenarbeit mit Melange e.V., Dortmund, der Österreichischen
Gesellschaft für Literatur, Wien, und der Österreichischen Botschaft,
Berlin.
Offers of papers to: Dr. Thomas Eicher
Am Rombergpark 49b
44225 Dortmund
Tel.: 0231/4775981
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Zum Thema
Der Österreicher und Europäer Joseph Roth (1894-1939) gehört mit einem
umfangrei-
chen erzählerischen und journalistischen Gesamtwerk zu den bedeutendsten
deutsch-
sprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Nach abgebrochenem Germanistikstudium in Lemberg und Wien und einem
Militär-
dienst entwickelte er sein großes schriftstellerisches Talent, das
scharfe, ironische Beob-
achtungsgabe und ausgeprägte erzählerische Qualitäten vereinigte,
zunächst als Journa-
list und Mitarbeiter verschiedener linksliberaler Wiener und Prager
Tageszeitungen.
1920 ging er nach Berlin, wo er als „der rote Joseph“ für den „Vorwärts“
schrieb, und
bald darauf im bedeutendsten Blatt Deutschlands, der „Frankfurter
Zeitung“. Seine frü-
hen Texte sind von einem trostlosen und verzweifelten Ton beherrscht,
von einer inne-
ren Unruhe der handelnden Figuren, einem Leben, das seine ehedem festen
Grundlagen
verloren hat.
Zweifellos war der Verlust der scheinbaren Sicherheit im
österreichisch-ungarischen
Staat durch dessen Zerfall 1918 eine prägende Erfahrung. Roth münzte sie
um in teil-
weise verklärte, teilweise kritische Erinnerung und hatte damit großen
Erfolg, der bis
1933 andauerte. Als die Nationalsozialisten Österreich 1938
annektierten, war dies für
Roth der zweite, endgültige Verlust der alten Heimat.
Zwischen dem ‚Anschluß’ Österreichs und seinem Tod 1939 betätigte sich
Roth in
Frankreich publizistisch für das Anliegen der österreichischen
Exilmonarchisten und
half intensiv den nach Paris strömenden Emigranten. Er starb als
Alkoholiker, der in
mehr als einer Hinsicht die Orientierung verloren hatte.
In seinen Werken zeigt sich Joseph Roth stets als wacher und sensibler
Chronist sei-
ner Zeit. Er verkörpert mit seinem Lebenslauf jenseits alles
Transitorischen seiner Exi-
stenz und ihren politischen Hintergründen nicht nur Migration und Exil
als zeittypi-
sches Schicksal, sondern auch – positiv gewendet – Interkulturalität und
Transnationali-
tät.
Roths 70. Todestag 2009 ist der Anlaß für eine Beschäftigung mit jener
Gattung, die
sein umfassendes Lebenswerk nachdrücklich geprägt hat – nicht nur mit
Reise- und Ge-
richtsreportagen etwa, sondern auch mit kulturhistorischen Essays wie
„Juden auf Wan-
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derschaft“. Andere Autoren konnten an solche Vorbilder anknüpfen.
Gleichwohl wurde
über die Literarizität der Gattung immer wieder kontrovers diskutiert,
was indessen
nicht davon ablenken kann, daß die Reportage konstitutiv für die
Literaturgeschichte der
Moderne ist, worüber das journalistische Werk Roths beredt Auskunft
gibt. Sein Schrei-
ben steckt die Bandbreite literarischer Produktion ab, die das Projekt
thematisieren soll.
Es reicht vom Reisefeuilleton bis zum neusachlichen Roman.
Die moderne literarische Reportage, die sich, wie die Bücher von
Gegenwartsautorin-
nen und -autoren von Günter Wallraff bis Karl Markus Gauß eindrücklich
bestätigen,
nach wie vor sehr großen Publikumszuspruchs erfreut, ist ohne Joseph
Roths Arbeiten
kaum denkbar. Zahlreiche Schreibende berufen sich ausdrücklich auf ihn
und folgen –
topographisch ebenso wie formal und thematisch – seinen Spuren.
Veranstaltungskonzeption
In Dortmund, wo bereits 1999 ein Roth-Symposium zum Thema
„Grenzüberschreitun-
gen“ stattfand, soll im kommenden Jahr eine wissenschaftliche Tagung
veranstaltet wer-
den, die durch ihre Orientierung an der Reportage deutlich über den
Rahmen der übli-
chen Jubiläumsfeierlichkeiten hinausgeht. Sie soll den Autor und seine
Texte in den eu-
ropäischen Kontext der zu unrecht vernachlässigten Gattung stellen und
dadurch litera-
risch, historisch, geographisch, politisch verorten.
Die Kontextualisierung von Autor und Werk ist dabei durchaus
programmatisch zu
sehen; denn über das Thema Reportage werden Horizonte sichtbar gemacht,
vor denen
das Werk Joseph Roths neu betrachtet werden kann.
Für Referate ergeben sich daraus u.a. stichwortartig die folgenden
Themenbereiche:
• Zwischen Journalismus und Literatur. Reportage als Gattung – mit
Untergattungen
Struktur, Funktion, Sprache, Merkmale.
Welchen Stellenwert hat Roth innerhalb dieser ontologischen Bestimmung,
und wel-
che Untergattungen bedient er?
• Geschichte der Gattung Reportage
Medien-, Literaturgeschichte
Welchen historischen Stellenwert hat Roth, auch innerhalb
unterschiedlicher Kultur-
räume?
• Roths Haltung gegenüber Gesellschaft, Politik, Religion usw. und ihre
wechselnde
Stoßrichtung im Spiegel der Reportagen
Welche Entwicklungen lassen sich ausmachen und woran festmachen?
• Roths Reportagen und ihr Stellenwert fürs Gesamtwerk des Autors
Wie durchdringen sich die Diskurse bei ihm gegenseitig? Wie
journalistisch ist das
Erzählen, und wie poetisch sind seine Reportagen?
• Roths Reportagen im Vergleich zu denen anderer Zeitgenossen
• Roths Reportagen über bestimmte Themen im Vergleich zu denen anderer
zu den
gleichen Themen
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Veranstaltungsort ist Dortmund, die Organisation übernimmt die
Auslandsgesellschaft NRW e.V. in Zusammenarbeit mit Melange e.V.
Die Deutsch-Österreichische Gesellschaft der Auslandsgesellschaft NRW
war unter
der Federführung ihres Leiters Dr. Thomas Eicher in den vergangenen
Jahren wieder-
holt Veranstalter von Tagungen zur Österreichischen Literatur, die durch
aus ihnen her-
vorgegangene Sammelbände dokumentiert sind .
Die Auslandsgesellschaft sieht sich als Vermittlungsinstanz zwischen
Forschung, Wis-
senschaft und kulturell Interessierten. Zielpublikum sind
dementsprechend Wissen-
schaftler, Studierende der Kulturwissenschaften und literarisch
interessierte Laien.
Veranstalter
Auslandsgesellschaft Nordrhein Westfalen e.V.
Claudia Steinbach
Steinstr. 48
44147 Dortmund
Tel.: 0231/8380019
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Melange e.V.
Dr. Thomas Eicher
Am Rombergpark 49b
44225 Dortmund
Tel.: 0231/4775981
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Professor Helen Chambers
Department of German
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Tel 01334 463659
Fax 01334 463677
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